Frankfurt/Main (AP) In der CD-Corner werden die aktuellen Alben von David
Byrne & Brian Eno, Jesse Malin, Megapuss, Mary Coughlan und eine
Anthologie von Ry Cooder vorgestellt. --- «Everything That Happens Will
Happen Today» - David Byrne & Brian Eno(Todomundo/Indigo)«Ich will,
dass Musik einlädt, dem Zuhörer einen Platz in sich anbietet», sagt Brian
Eno zu der ungewöhnlichen Zusammenarbeit mit David Byrne. «Ich denke, David
hat darauf sensibel und gekonnt reagiert und sein natürlicher Schneid hat
mich diese vertrauten Akkordfolgen wieder neu entdecken lassen.» Byrne
hatte eher beiläufig erfahren, dass Eno eine große Sammlung von
Song-Entwürfen hat, zu denen der Text fehlt. Weil Eno es laut Byrne hasst,
Texte zu schreiben, habe er sich angeboten, sich mit dem Material zu
befassen. Heraus kam «Everything That Happens Will Happen Today», das
zweite gemeinsame Album der beiden nach «My Life In The Bush Of Ghosts» von
1981. Das Besondere ist, dass es weder richtig nach dem früheren
Talking-Heads-Mastermind noch nach dem Ambient-Virtuosen Eno klingt. Beide
sind aus ihrer Wohlfühlzone gegangen, haben sich auf den anderen
eingelassen und dabei etwas Neues und Eigenständiges geschaffen.
Wahrscheinlich ist das der beste Weg, den allseits antizipierten Wandel
nicht nur mitzuerleben, sondern mitzugestalten. «A change is gonna
come/Like Sam Cooke sang in '63» singt Byrne in «The River».
Musikalisch schöpft das Duo aus Folk, Country und Gospel. «Brians
Akkordstrukturen waren anders als alles, was ich selbst gewählt hätte»,
erklärt Byrne. «Ich wurde so in eine neue Richtung gestoßen,
herausgefordert, mich dem Ungewohnten zu stellen - und das war natürlich
eine gute Sache.» Vielleicht ist diese Einstellung noch wichtiger als die
Musik. (Uwe Käding)--- «Mercury Retrograde» - Jesse Malin (One Little
Indian/Rough Trade)Über sein letztes Album mit Coverversionen von
Rockklassikern war Jesse Malin vielleicht selbst nicht ganz glücklich.
Jedenfalls hat er nun, gerade ein halbes Jahr später, schon ein weiteres
nachgelegt: «Mercury Retrograde», live aufgenommen zu Weihnachten 2007 in
der Mercury Lounge seiner Heimatstadt New York. Und außer den 13
Live-Titeln hat er auch noch fünf bislang unveröffentlichte Studioaufnahmen
auf das prall gefüllte Album gepackt. Er habe die Songs dahin
zurückgeführt, wie er sie ursprünglich einmal geschrieben habe, sagt der
40-jährige Alternative-Rocker: ohne volle Band, als schlankes Akustik-Set.
Die Live-Atomsphäre bekommt den Liedern gut - Malins Gitarre und nölige
Stimme reichen aus, um Stimmung zu transportieren. Die Lücken zwischen den
Titeln füllt er mit kleinen Geschichten, etwa der, wie ihn als weltlichen
Juden die christliche Weihnachtszeit fasziniere. Und das unterstreicht er
dann gleich, indem er mit «Xmas» und «Fairytale of New York» (ursprünglich
von den Pogues) zwei Weihnachtslieder auf dem Album unterbringt. Nicht
fehlen darf natürlich auch eine Reverenz an Neil Young, eines seiner
Vorbilder. «Helpless» lehnt sich eng ans Original, einschließlich näselnder
Stimmlage. Ein feines Album, das auf weitere Konzerte Malins hierzulande
hoffen lässt. (Nina Sündermann)«Surfing» - Megapuss (Vapor/Rough
Trade)Schon das Foto auf dem Cover deutet darauf hin, dass dieses Album so
ernst nicht gemeint sein kann. Die Abbildung zeigt Devendra Banhart und
Greg Rogove (der eine mit Messer, der andere mit martialischem
Gesichtsausdruck) als splitternackte Kämpfer hinter dem Schriftzug
«Megapuss». Megapuss ist der Name, den Freakfolkhäuptling Banhart diesem
Lust-und-Laune-Projekt verpasste, zu dem er ein Dutzend Musik-Kumpel
geladen hat: von Fabrizio Moretti (Drummer der Strokes) über Noah Georgeson
(spielte schon auf Banhart-Platten, für Joanna Newsom und Bert Jansch) bis
zu Greg Rogove (Priestbird). Was diese Feierabend-Band aufgenommen hat,
klingt weit lockerer als das, was man von den Solo-Alben Banharts kennt.
Manchmal meint man ein paar Proberaum-Sequenzen beizuwohnen, aber in jedem
Moment ist dieser Verein von herumalbernden, miauenden (!) Musikern in der
Lage, mit einem schnittigen Beatsong um die Ecke zu kommen, in dem es nur
ein bisschen mehr pfeift und quietscht als in den größten Hits der Sixties.
Zum Finale der Bush-Ära geben auch diese Neo-Hippies noch ihren
postpubertären Senf ab: «Fuck the president - in the asshole». Darüber wird
sich angesichts der Vorbereitungen auf den Amtsantritt Barack Obamas
ausnahmsweise mal niemand aufregen in den USA. (Frank Sawatzki)--- «The
House Of Ill Repute» - Mary Coughlan (Westpark Music)Mary Coughlans'
Biografie erzählt von einer Jugend zwischen Klosterschule, Depressionen,
Drogenproblemen, Umzügen, Heirat und Trennungen. Die im irischen Galway
geborene Coughlan unterzog sich nach ihren ersten musikalischen Erfolgen
und erneutem Drogenrückfall 1993 einer Entziehungskur. Auf ihrem 2002
erschienenen Album «Red Blues» singt die Irin von ihren unzähligen Alkohol-
und Drogen-Abstürzen. Auf ihrem neuen Werk «The House Of Ill Repute» (Haus
mit üblen Ruf) befasst sich Coughlan erneut mit der Last des Alltags, teils
resignierend, teils hoffnungsvoll. Darauf bewegt sich die 52-jährige
Musikerin mit ihrer tiefen Stimme meisterlich zwischen Tom Waits oder
Marianne Faithful. Die 13 Songs spiegeln das Ende einer 13-jährigen
Beziehung in ihrem Leben wieder. Zusammen mit dem niederländischen
Produzenten Erik Visser hat sie «The Houe Of Ill Repute» aufgenommen. Der
Track «Bad» durchlebt beispielsweise die Achterbahn der Gefühle, auf
«Pornography» gibt Couglan ein anzügliches Statement und nicht zuletzt der
Titelsong, in dem sie alle intimen Details sämtlicher Besucher des «House
Of Ill Repute» kennt. Trotz ihrer persönlichen Probleme schafft sie es
immer wieder, musikalisch zu überzeugen. (Claudia Ziemer)--- «The UFO Has
Landed» - Ry Cooder (Rhino/Warner)Ry Cooder ist lange vor anderen
prominenten Kollegen durch Amerika gezogen, die Wurzeln unserer heutigen
Popkultur bloßzulegen und bekannt zu machen. Die «Ry Cooder Anthology» mit
dem Titel «The UFO Has Landed» dokumentiert nun seine Suche - und wichtiger
noch die Schätze, die er in Blues, Gospel und lateinamerikanischer Musik
aus der Versenkung geholt hat. Im Booklet wird dieses musikalische Leben
anhand der Lieder nacherzählt, diese beiden CDs werden so zu Lese-Alben -
Musik, die man mitlesen kann. Von «Get Rhythm» über die Filmmusik «Paris
Texas» und «Theme From Southern Comfort» bis «Little Sister» ist das eine
wundersame Reise durch die Ursprünge - authentisch, unverstellt. Ry Cooders
Einspielungen machen eins ganz deutlich: Aus der heute kommerziell und
industriell vermarkteten Musik selbst wird kaum etwas eigenständig Neues
entstehen. Ihre besten Momente hat sie, wenn sie sich auf ihre Wurzeln
besinnt. Aber aus der «Roots Music» wird immer wieder ein neuer Spross
wachsen können, solange Menschen zusammen musizieren und einander zuhören.
Dafür müsste man dem 61-Jährigen ein Denkmal setzen - die «Anthology» ist
immerhin ein Anfang. (Uwe Käding)© 2008 The Associated Press. Alle Rechte
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